Die häufigsten Verhandlungsfallen und wie Sie sie vermeiden – Teil 1

Die häufigsten Verhandlungsfallen und wie Sie sie vermeiden – Teil 1

  • Selbstmanagement
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Jeden Tag sind wir mehr oder weniger bewusst an unterschiedlichsten Verhandlungssituationen beteiligt. Von der Verhandlung über den Tomaten-Preis beim türkischen Gemüsehändler um die Ecke über die Frage, ob unsere Kinder die Hausaufgaben vor oder nach dem Fahrrad-Ausflug machen bis hin zur Vertragsgestaltung mit einem neuen Mandanten. Viele Fehler die wir dabei machen, beruhen auf grundlegenden Funktionsprinzipien unseres Gehirns, die auch vermeintlich wohlüberlegte Entscheidungen beeinflussen. Die gute Nachricht: Sobald Sie verstehen, wie die typischen psychologischen Fallen entstehen, werden Sie deutlich seltener hineintappen.

1.       Verankerungs-Fallen

Nehmen wir an, Sie verhandeln den Preis für eine exotische und Ihnen bisher unbekannte Frucht beim türkischen Gemüsehändler. Er bietet Sie Ihnen für 10 € pro Stück an, was Ihnen doch ziemlich überzogen vorkommt. Sie verhandeln hart und können den Händler auf 5 € pro Stück festnageln. Sie werden die Frucht mit einem guten Gefühl kaufen, denn Sie konnten einen 50 %igen Preisnachlass raushandeln. Allerdings wird das gute Gefühl nur so lange anhalten, wie Sie nicht wissen, dass die Frucht im türkischen Supermarkt ein paar Straßen weiter für 0,80 Cent das Stück verkauft wird.

Das Problem liegt darin, dass unser Gehirn der ersten Information, die es im Zusammenhang mit einer Entscheidung aufnimmt, überproportional große Bedeutung zumisst. Die erste Preisangabe verankert also den Rahmen, an dem sich zukünftige Überlegungen orientieren.

Wie Sie vermeiden in diese Falle zu tappen

Das wichtigste ist die sorgfältige Vorbereitung. Je mehr objektive Informationen Sie einholen (z.B. übliche Marktpreise) und je genauer Sie Ihr Entscheidungsproblem aus unterschiedlichen Perspektiven untersucht haben, desto mehr Anker sind bereits in Ihrem Gehirn vorhanden, auf die die Gegenseite keinen Einfluss mehr hat.

Tipp: Üben Sie sich zum Beispiel an den Preisen des Anwaltssekretariats. Betrachten Sie Grundgebühr und Minutenpreise, bedenken Sie, welche Leistung Sie bekommen und welche speziellen Vorkehrungen getroffen werden, damit der Telefonservice für Rechtsanwälte und Notare berufsrechtskonform angeboten werden kann. Vergleichen Sie auch mit den Kosten für eigenes Sekretariatspersonal in Ihrer Kanzlei. Empfinden Sie den Preis als fair?

Wie Sie die Verankerungs-Falle für sich nutzen können

Mit dem Wissen um die Verankerungs-Falle (auch Anchoring), gewinnen Sie natürlich einen strategischen Vorteil in zukünftigen Verhandlungen und können gezielt überlegen, ob und wie Sie das erste Angebot machen und Ihre Preisvorstellung beim Gegenüber verankern wollen. Dies hat allerdings auch seine Tücken. Wenn Sie ein Angebot abgeben, was extrem weit von der Vorstellung Ihres Verhandlungspartners entfernt ist, riskieren Sie, dass die Verhandlungen sofort scheitern. Auch Ihre Glaubwürdigkeit steht auf dem Spiel. Außerdem ist es natürlich möglich, dass Sie einen Preis nennen, der unter dem liegt, den das Gegenüber bereit wäre, zu zahlen. In dem Fall entgeht Ihnen Gewinn. Wenn Sie sich entscheiden, das erste Angebot abzugeben, empfiehlt es sich daher, das günstigste Angebot zu nennen, das Sie nach objektiven Kriterien noch als fair empfinden.