Starting business

9 Tipps für frischgebackene Anwälte

Examen bestanden! Und nun? Wenn man das Zweite Staatsexamen über die Bühne gebracht hat, fühlt man sich erstmal wie der König der Welt. Doch auf die Selbstständigkeit wurde man nicht vorbereitet.

Auf ins Berufsleben!

Endlich kann’s losgehen: Geld verdienen! Recht anwenden! Doch auf die Selbstständigkeit wurde man in der langen juristischen Ausbildung nicht vorbereitet. Zwar durchläuft man das Referendariat, doch dort wird die Praxis letztlich auch nur punktuell vermittelt. Vieles, das ein selbstständiger Rechtsanwalt an praktischen Grundkenntnissen haben sollte, wird dem Nachwuchs nicht beigebracht. Ein großer Fehler.

Also: Selbst aneignen

Es ist nichts Neues, dass die deutsche Juristenausbildung stark reformbedürftig ist. Man muss zu viel von wenig Praxisrelevantem lernen. Das macht zwar die Qualität des deutschen Juristen aus, dass er – fertig ausgebildet – sowohl Urteile als auch Anklageschriften und anwaltliche Schriftsätze formulieren und entsprechend argumentieren kann. Für jene, die sich früh entscheiden, selbstständige Anwälte zu werden, wäre es aber vielleicht sinnvoller, wenn mehr Praxisrelevantes wie z.B. Kanzleimarketing, Mandantenakquise o.ä. gelehrt würde. Nun, wird aber nicht, daher muss der frischgebackene Selbständige sich das Alles selbst aneignen. Ein paar Hürden gilt es dabei zu umschiffen, um nicht auf die Nase zu fliegen.

 

  1. Nichts übereilen – Erste Schritte durchdenken

Sie benötigen für die Selbständigkeit zunächst Räume, Möbel und Ausstattung, dafür vermutlich eine Finanzierung und dafür wiederum einen Businessplan. Auch ist vorab eine solide Standortanalyse wichtig. Natürlich könnten Sie auch als “Wohnzimmer-Kanzlei” starten. Das benötigt zwar einiges an Organisation, allerdings spart man hohe Anfangskosten. Mandanten sollten Sie jedoch in einem professionellen Umfeld empfangen. Vieles können Sie, im Zuge der Digitalisierung, auch telefonisch bzw. virtuell anbieten.

 

  1. Praxiserfahrung sammeln

Bevor man sich selbstständig macht, ist es überaus hilfreich, eine Zeit lang in einer Kanzlei mitgearbeitet zu haben. Die Anwaltsstationen im Referendariat sind damit nicht vergleichbar, weil es lockerer zugeht und man nicht die Verantwortung trägt. Als angestellter Rechtsanwalt in einer kleinen Kanzlei bekommt man jedoch schon einen guten Eindruck davon, wie es sein würde, wenn man sich selbständig macht. Vielleicht steigen Sie auch mit dem Ziel ein, die Kanzlei später einmal zu übernehmen. Das hat den Vorteil, dass Sie zunächst einmal Praxiserfahrung sammeln und die Mandanten kennenlernen können, bevor Sie das Ganze übernehmen.

 

  1. Büro organisieren

Wie legt man (elektronisch) eine Akte an? Was gehört in eine Rechnung? Wie wird das Honorar kalkuliert? Lernen Sie es! Möglich, dass man im Referendariat mit all diesen Fragen schon mal Berührungspunkte hatte, doch wenn man es dann in der Praxis – für sich selbst – anwenden soll, damit auch tatsächlich Geld in die Kasse gespült wird, dann ist das nochmal was ganz Anderes. Normalerweise sind derartige Dinge an ein gutes Sekretariat delegiert, doch das kann sich anfangs kaum ein Anwalt leisten.

 

  1. Kritischer Selbstcheck

Anstellung oder Selbständigkeit? Nicht jeder Anwalt ist für die Selbstständigkeit geeignet. Man muss diszipliniert sein, sich organisieren können, optimistisch und ein Stück weit auch angstfrei sein (Haftung). Man darf es nicht jedem recht machen wollen (im Gegenteil!) und man muss durchsetzungsstark sein. Wenn diese und noch ein paar weitere Kriterien aber erfüllt sind, kann selbständiger Anwalt der schönste Beruf der Welt sein. Sie sind Ihr eigener Boss, können arbeiten wann, für wen und ein Stück weit – je nach Grad der Organisation und Digitalisierung – auch wo sie wollen. Sie bestimmen, wann und wie lange Sie Urlaub machen. Kurz: Freiheit, Unabhängigkeit und Flexibilität.

 

  1. Money, money, money

Der Kostenfaktor ist nicht zu unterschätzen. Anfangs ist noch kein Mandantenstamm vorhanden und viele Anwälte verdienen zunächst unter 2000 Euro brutto im Monat. Ausgaben sind aber da. Hierzu zählen Büromiete, Software, Kammerbeiträge und Versicherungen. Alternativ könnten Sie natürlich auch erstmal in Ihrem Wohnzimmer anfangen. Dann müssen Sie allerdings gewährleisten, dass Ihr Vermieter mitspielt, Post vernünftig zugestellt und Fristen notiert werden können. Oder Sie ziehen in eine bestehende Bürogemeinschaft mit anderen Anwälten ein, um das Equipment und Sekretariat mit zu nutzen.

 

  1. Rat annehmen

Sie müssen sich nicht allen Aufgaben und Herausforderungen allein stemmen. Der Steuerberater ist zum Beispiel ein Dienstleister, an dem man quasi nicht vorbeikommt. Je nachdem, wie ausgelastet Sie sind, könnte es sich auch lohnen, eine Bürokraft einzustellen. Am Anfang sind die Abläufe noch nicht so routiniert und man muss sich viel mehr anstrengen, um Alles im Blick zu haben. Sie dürfen keine Fristen versäumen oder Ansprüche verjähren lassen. Das Fristenmanagement muss organisiert sein. Haben Sie noch keine Fachkraft, die das im Blick behält, sprechen Sie mit erfahrenen Kollegen.

 

  1. Der Mensch als Marke

Anwälte gibt es wie Sand am Meer. Insbesondere im Marketing sollten Sie daher darauf achten, sich von anderen Anwälten (in den richtigen Punkten) abzuheben. Sprechen Sie mit verschiedenen Leuten aus dem Kanzleimarketing-Bereich, aber hören Sie sich auch andere Marketing-Leute an. Je nach Zielgruppe und Mandanten ist es ratsam, nicht allzu konservativ auftreten. Selbst Mandantengruppen wie z.B. Ärzte schätzen immer mehr ein modernes Gegenüber – im Kopf, in der Büroausstattung und in der Kommunikation.

 

  1. Frühzeitig Prozesse implementieren

Nutzen Sie die ersten Monate, um Prozesse zu definieren und schriftlich zu fixieren. Zur Einarbeitung zukünftiger Mitarbeiter (wenn es dann irgendwann soweit ist), können Sie auch ein Video aufnehmen, in dem wichtige Richtlinien, wie z.B. der Umgang mit neuen Mandanten, Aktenanlage oder Postbearbeitung mitgeteilt werden.

 

  1. Digital? Phänomenal!

Wenn Ihre Ausbildung noch nicht allzu lang her ist, dann sind Sie sowieso ein “Digital Native” und mit dem Internet groß geworden. Die Nutzung juristischer Datenbanken oder digitales Diktieren ist für Sie nichts Neues. Wenn Sie all das sowie elektronische Aktenführung direkt implementieren, haben Sie schon vielen kleinen Kanzleien in diesem Land etwas voraus. Zuweilen wird ja gerne noch mit Akten gearbeitet. Papierakten.

 

Sie wollen Mandanten akquirieren? Dann gilt es, Sie zu informieren. Das Internet ist voll von Leuten, die eine Rechtsberatung benötigen. Erfahren Sie jetzt, wie Sie sie auf Ihre Kanzlei aufmerksam machen können.