innovation

Innovation? So nicht! (Teil 1)

Neue Technologien und Innovationen finden in Kanzleien nicht unbedingt ihre Vorreiter. Die Strukturen sind streng hierarchisch, an der Spitze in der Regel keine Digital Natives und überhaupt… Papier ist geduldig und zur Not schlägt man den Palandt noch persönlich auf.

Doch die Zeiten wandeln sich und das nicht erst seit gestern. Wer da nicht mitzieht, hat über kurz oder lang das Nachsehen. Doch die Phrasen, die sich hartnäckig halten, sind immer dieselben.

Ein Potpourri:

“Als erstes sollten wir dafür eine Arbeitsgruppe einsetzen.”

Anwälte lieben ausgeklügelte Prozesse und intensive Beratung. Das mag im täglichen Geschäft sicher vielfach unabdingbar sein. Wenn es aber darum geht, Innovation zu fördern, sind langwierige Prozesse mit etlichen Beratungsschleifen und gegenseitigen Absegnungen kontraproduktiv. Ein innovatives Team sollte klein, flexibel und möglichst weitgehend autark sein, um neuartige Ideen direkt verfolgen und testen zu können.

“Was kann xy uns über unser Geschäft sagen, was wir nicht bereits wissen?”

Es liegt in der Natur der Sache, dass Partner selbstbewusst sind. Dies ist ein notwendiger Charakterzug, um Mandanten ein guter Ratgeber zu sein. Zuweilen mögen sie jedoch auch zum Zynismus tendieren, insbesondere in Bezug auf externe Berater, deren Wissen, Fähigkeiten und Erfahrung erstmal äußerst skeptisch beäugt, wenn nicht gar infrage gestellt werden. Daher vertrauen Kanzleien auch oftmals eher auf eigene Leute und sind keine großen Freunde von Outsourcing von Spezialaufgaben, für die sie oftmals keine qualifizierten Leute besitzen (z.B. Kanzleimarketing).

Auch fehlt ihnen zuweilen die Erkenntnis, dass neue Ideen nicht zwingend nutzlos sein müssen, wenn sie nicht sofort funktionieren. Gerade aus den Fehlern, die das “Spielen” mit der Innovation mit sich bringt, kann Wertvolles gezogen werden. Die Erwartung, neue Ideen müssten sofort erfolgreich implementierbar sein, ist unrealistisch und hängt die Latte zu hoch.

“Wir haben das zuvor bereits getestet und es funktionierte nicht.”

Wie bereits erwähnt erwachsen die besten Ideen und Einsichten oft aus Fehlern, die man macht. Unkompliziert testen, vielleicht dann auch scheitern, aber daraus dann wieder lernen und direkt – verbessert – weitermachen. Immer weitermachen. Agil bleiben.

“All dieser neumodische Kram ist doch unnütz.”

Das mit dem Zynismus und der Arroganz mancher Chefs hatten wir bereits. Diese Facetten der Persönlichkeit sind Innovationskiller (und im Übrigen auch Sympathiekiller, aber das ist noch ein anderes Thema). Es gibt bereits hoch interessante und erfolgreiche Ansätze für Problemlösungsstrategien. Die Kombination aus analytischen und kreativen Köpfen sorgt z.B. für völlig neue Herangehensweisen. Doch dafür muss man erstmal offen sein.

“Ich will nicht gleich ‘ne App für alles!”

Es bedarf nicht unbedingt neuer Technologien, um Innovation zu implementieren. Kanzleien sind streng hierarchische Strukturen. Sekretariat hier, Anwälte da. Dazwischen wuseln vielleicht hie und da mal eine Referendarin oder ein wissenschaftlicher Mitarbeiter, aber auch die ordnen sich klar ein. Wenn in solchen Strukturen New-Work-Elemente eingeführt werden, ist das schon ein wichtiger erster Schritt. Und dafür braucht man nicht einmal eine App! Wie wäre es z.B., wenn Anwälte und Sekretärinnen 1x im Monat zusammen zum Mittagessen gingen? Oder wenn Themen wie Elternzeit, Teilzeit oder Homeoffice nicht mehr nur mit der Kneifzange angefasst, sondern offen durchdacht und kommuniziert werden? Wertschätzung und Kommunikation zu verbessern, den Mitarbeitern auch mal ungefragt Vorteile zukommen lassen (z.B. Kinderbetreuung o.ä.), das sind bereits erste Schritte und für manch konservatives Haus schon hoch innovativ.