Roboter vs Mensch

Werden Roboter uns alle ersetzen?

Die Anwaltschaft ist nicht gerade als Hort der Modernität bekannt und selbst sowas wie das papierlose Büro ist heutzutage noch eher die Ausnahme als die Regel. Nun ist der Begriff Künstliche Intelligenz (KI) in aller Munde. Wenn man die einschlägigen Gazetten liest, kann man dabei den Eindruck gewinnen, dass sie eher Bedrohung als Freude darstellt.

Manche Horrorszenarien prognostizieren, dass der Computer uns irgendwann alle ersetzt. Da liest man Schmanckerl wie:

 

“Die Roboter-Anwälte sind da – und sie werden gewinnen.”

 

“Anwalts-bots kosten Jobs.”

 

“Werden Anwälte zukünftig immer überflüssiger?”

 

Mensch bleibt Mensch

Der Trend, anzunehmen, das Jüngste Gericht stünde uns geradezu kurz bevor, ist aber doch ein wenig übertrieben. Zugegeben, es gibt einige Aufgaben, welche die KI mühelos übernehmen könnte. Einfache Verträge oder Testamente sind längst reif für die KI und möglicherweise wird manch ein Dokument vom Roboter sogar besser erstellt als von einem Anwalt. Doch selbst wenn sich die KI so entwickelt, dass sie mühelos Schriftsätze erstellen könnte, wird ein Roboter alle Anwälte, z.B. als In-House-Counsel, in gewisser Hinsicht nicht ersetzen können, nämlich u.a. in jener als Übersetzer….und als Mensch.

 

KI mag sich hinsichtlich Schnelligkeit und “Geist” so weiterentwickeln, dass sie den 08/15-Anwalt bei vielen Aufgaben unterstützen kann, jedoch vermag sie nicht, sich sprachlich so auf das jeweilige Gegenüber einzustellen, dass sie alles versteht. Es bedarf doch so viel mehr als schiere Rechenleistung, um zu realisieren, wer einem gegenübersitzt, wo man ihn abholen muss und wie man ihm in einfachen Worten erklärt, was juristisch gerade Sache ist. Einem Chirurgen mag man rechtliche Zusammenhänge auch mit anderen Worten erklären als einer jungen Mutter, die von ihrem Ehemann verlassen wurde und sich Unterhalt erkämpft. Es bedarf mehr als Worte, sondern ein gerüttelt Maß an Empathie und Fingerspitzengefühl.

Eine Studie von McKinsey ergab, dass vermutlich zukünftig nur gut etwa 23% der anwaltlichen Arbeit automatisiert verrichtet werden wird.

Das ist Mandaten wichtig

Für viele Mandanten sind die wichtigsten Eigenschaften eines Anwalts:

  1. die Fähigkeit, Sachverhalte schnell zu erfassen und rechtlich einzuordnen sowie
  2. Empathiefähigkeit.

Während ersteres möglicherweise in Zukunft programmierbar ist, wird letzteres – die Fähigkeit, sich in sein Gegenüber hineinzuversetzen und z.B. Mitgefühl oder Verständnis zu suggerieren – von der KI nicht abbildbar sein. Manch einem Mandanten ist doch schon geholfen, wenn er sich einfach mal alles von der Seele reden kann, er einen kompetenten Zuhörer findet und dieser nicht nur die richtigen Fragen stellt, sondern ihn womöglich noch mit einem guten Gefühl aus dem Gespräch entlässt. Dem Gefühl, in den besten Händen zu sein. Einen starken Partner gefunden zu haben. Einen, der die Kohlen aus dem Feuer holt. Zu pathetisch? Stellen Sie sich nur mal vor, dass die KI im Bereich des Familienrechts agiert. Klar, es mag praktisch sein, einen Rechner mit Daten und Zahlen zu füttern und der spukt dann eine Unterhaltshöhe aus, doch gerade in derartigen Rechtsbereichen ist es besonders gefragt, als Ansprechpartner zu fungieren. Oder was macht der Roboter, wenn die verlassene Ehefrau vor ihm in Tränen ausbricht?

Grenzen der KI

Während sich Legal Tech immer weiter in den Kanzleien ausbreitet, verschiebt sich die Rolle des Anwalts langsam hin zum Übersetzer. Er erläutert dem Mandanten jene nackten Fakten, die der Roboter auswirft. Er ist Tröster und „Erklärbär“ und muss auch manches Mal beruhigend einwirken. Manch Mandant ist rasend vor Wut, ein anderer gelähmt vor Angst. Da kann die KI nicht weiterhelfen.

Wenn man sich Gedanken darüber macht, inwiefern Roboter und Künstliche Intelligenz (KI) Einfluss auf die Anwaltschaft haben werden, denke ich als erstes an die frischgebackenen Junganwälte. Hartgesottene, erfahrene alte Hasen werden von Robotern nicht so schnell ersetzt werden können, doch den Junganwälten wird all jene Brot-und-Butter-Arbeit abgenommen, die sie bislang (zugegeben, teilweise auch recht zeitverschwenderisch) beschäftigt hat. Diese Arbeit der Anfangsjahre legt aber das Fundament für später. Derzeit werden Juristen noch eher zum Richter als zum Anwalt ausgebildet. Das, was sie für das Anwaltsdasein können müssen, lernen sie ja längst nicht alles in ihren Referendarsstationen, sondern letztlich im Büro, on-the-job. Wenn ihnen Roboter vieles davon abnehmen, entsteht eine Wissenslücke. Früher oder später werden die Anwälte bei der Rekrutierung nur noch auf die Erfahrenen zurückgreifen, weil die Basisarbeit von der KI erledigt wird. Das hieße aber, dass die Anwaltschaft irgendwann (überspitzt gesagt) ausdünnt, weil kein Nachwuchs heranreift. Wer wird noch bereit sein, die Jungen auszubilden? Und welche Aufgaben sollen sie bekommen, die ihnen “gefahrlos” übertragen werden können, wenn alles Einfache bereits vergeben ist?

Vermutlich wird das zu einem rasanten Anstieg von Freelancern führen. Eine Tendenz, die ohnehin – in diversen Branchen – zu verzeichnen ist. Sie hat auch ihr Gutes!

Positive Aspekte des Einsatzes von KI

Doch KI hat auch ihr Gutes. Sie wird Anwälten all die monotonen, zeitaufwändigen Arbeiten abnehmen und diese darüber hinaus mit einer Präzision erledigen, die der Mensch vermutlich kaum aufzubringen vermag. Von der Schnelligkeit ganz zu schweigen. Der Anwalt hat dann den Vorteil, dass er sich weitaus mehr auf das wirklich Wichtige fokussieren kann. Die Arbeit, welche die KI tatsächlich übernehmen kann, wird also schnell, präzise und kostengünstig erledigt werden und das Mandat insofern weitaus effektiver bearbeitet.

 

Es werden auch neue Berufsbilder und Teams entstehen, denn die Maschinen müssen mit Daten gefüttert, gepflegt und weiterentwickelt werden.

 

Es liegt jedoch an jedem selbst, ob man Teil dieser Zukunft wird oder sich eher als ihr Opfer sieht. Man muss nur begreifen, dass diese Zukunft bereits in vollem Gange ist und wir nicht über etwas reden, das erst in 10 Jahren Thema ist. Wer am Ball bleiben möchte, fängt am besten noch heute damit an. Es ist sicher hilfreich, sich mit anderen Anwälten zu vernetzen, bestenfalls mit solchen, die schon weiter sind als man selbst. Auch schadet es nicht, sich im Netz alle paar Monate über die neusten Entwicklungen auf dem Laufenden zu halten, denn es geht alles immer schneller.

 

Und ja, die KI wird kommen und ist in Teilen schon da. Und nein, es ist keine bloße Phase, die vorbeigehen wird. Doch es werden vermutlich nicht so viele Jobs wegfallen, wie angenommen wird (jedenfalls nicht in der Anwaltsbranche). Sicher, KI wird die Arbeit revolutionieren, doch vielfach zum Guten. Einige werden umlernen müssen. Manch einer wird auch seinen Job verlieren (und spätestens dann umlernen). Doch die Anwälte erhalten die Möglichkeit, all das Zeitaufwändige, Monotone der Maschine zu überlassen und sich – endlich! – auf das zu konzentrieren, was die Essenz ihrer Arbeit ist: ein guter Ratgeber zu sein und sich auf die Tiefen des Rechts konzentrieren zu können, um für seinen Mandanten das Bestmögliche rauszuholen.